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Eine kurze Geschichte des Adventskalenders

Spätestens ab der letzten Oktoberwoche verändert sich das Bild in den Warenstraßen der Großmärkte und zwischen den Regalen des Einzelhandels. Konnten wir seit Mitte September über die EU-Paletten von Spekulatius (Spekulatii? Oder doch Spekulaltiuse?) und Dominosteinen echauffieren, so passiert ab den angesprochenen Wochen der erste magische Moment der Weihnachtszeit!

Die Ankunft der Adventskalender eröffnet die wohlig-warme Weihnachtszeit und selbst der griesgrämigste Griesgram in Sachen Weihnachtsvorfreude fühlt sich in die eigene Kindheit zurückversetzt. Den Adventskalender umgibt eine unumstößliche Aura der Glückseligkeit. Und damit lässt sich immer noch viel Geld verdienen.

Zurück zu den Warenstraßen und Regalen: Ab KW 43 begegnen uns Adventskalender in allen Formen, Farben und Füllungen. Vom hochprozentigen Schnaps-Kalender, über den edlen Edelschokoladen-Kalender einer Schweizer Edel-Manufaktur bis hin zum Spielzeug-Kalender aus dem Hause LEGO – es gibt nichts, was man nicht besser verkaufen kann, versteckt es sich hinter 24 Türchen.

Selbst in die Weltliteratur hat es der Adventskalender geschafft! Wer die Vorweihnachtszeit mit einem wirklich außergewöhnlichen Buch bestreitet möchte, dem sei Jostein Gaarders „Das Weihnachtsgeheimnis“ wärmstens an Herzen gelegt. Diese in 24. Türchen aufgebaute Geschichte, ist nicht nur selbst ein Adventskalender, es dreht sich in dieser Geschichte auch um ein ganz besonderes Exemplar dieser Gattung.

In der Zeit von Oktober bis zum Heiligen Abend ist es schwer, an diesem Kalender vorbeizukommen. Woher stammt diese Tradition und wer hat diese eigentlich erfunden. Eine Spurensuche:
 

Die Ursprünge des Adventskalenders

Die Geschichte des Adventskalenders, wie wir diesen kennen, beginnt irgendwann im 19. Jahrhundert. Ursprünglich war dieser nichts anderes als ein Zeitmesser oder eine Zählhilfe für die Vorweihnachtszeit. Die Vorgänger der heutigen Adventskalender liegen im Jahr 1851 und stammen aus protestantischen Haushalten. Ursprünglich wurden nach und nach 24 Bilder an die Hauswand gehängt, um so die Tage vor Weihnachten „ansehbar“ und zählbar zu machen. Eine noch einfachere Variante waren nichts anderes als 24 Kreidestriche, die an die Wand gemalt wurden und jeder Tag ein Strich/Tag von der Wand gewischt wurde.

In katholischen Familien wurde die Vorweihnachtszeit mit Strohhalmen gezählt. Bis zum Weihnachtsfeste wurde jeden Tag ein Strohhalm in die heilige Krippe gelegt, um dem Jesu-Kindelein in der Heiligen Nacht ein entsprechendes Bett zu bieten. Ein weiterer Vorgänger unserer Adventskalender war die Adventskerze, welche jeden Tag bis zur passenden Markierung abgebrannt wurde. Diese Version des Adventskalenders ist vor allem im skandinavischen Bereich noch heute Tradition.
In den „Buddenbrooks“ erwähnt Thomas Mann einen Abreißkalender, der die Zeit des Advents des Jahres 1869 verkürzen soll.
Unsere heutigen Adventskalender blicken somit auf eine ansprechende Geschichte zurück!
 

Der Adventskalender im 20. Jahrhundert

Springen wir in die frühen Jahre des 20. Jahrhunderts, so finden wir die ersten „Kaufexemplare“ des Adventskalenders. Die Hamburger Buchhandlung Trümpler veröffentlichte 1902 den ersten gedruckten Adventskalender in Form einer Weihnachtsuhr für Kinder mit den abgedruckten Zahlen von 13 bis 24 auf dem Ziffernblatt. Der Nachfolger erschien ab dem Jahre 1922 mit den „echten“ 24 Feldern.

Auch im Süden der Republik wurde fleißig auf Weihnachten hingefiebert. In München sind die gedruckten Kalender aus dem Hause Gerhard Lang überliefert. Dieser gedruckte Kalender („Im Lande des Christkinds“) bestand aus 24 Bildern zum Ausschneiden und Aufkleben.

Die Hochzeit der gedruckten Adventskalender waren die Goldenen 20er. Bekannte Illustratoren und Plakatkünstler wurden für die (heutigen) Sammlerstücke gebucht. In Sachen Motive damals schon beliebt „Wintermärchen“ und „Schneelandschaft“.

In den Wirren des Zweiten Weltkrieges wurde ein Kalender „Vorweihnachtszeit“ durch die Reichspropagandaleitung ausgegeben. Dieser „völkische Kalender“ wurde im Zuge der „Entnazifizierung“ im geteilten Deutschland auf den Index gesetzt.
 

Von den 50ern bis heute – der moderne Adventskalender

Ab den 1945 wurde in allen Zonen des besetzten Deutschlands wieder an Weihnachtskalendern gearbeitet. Die Sehnsucht nach einer „heilen Welt“ und einer „staaden Zeit“ machte auch vor der Vorweihnachtszeit nicht halt.

In Ermangelung moderner Motive wurde hierbei oft auf „unverwerfliche“ Vorlagen aus den 1920ern zurückgegriffen. Die prägende Form in den frühen Jahren waren immer noch Abreißkalender. Doch bereits um 1946 sind die ersten Türchenkalender im Nachkriegsdeutschland verbrieft.

Mit dem „Wirtschaftswunder“ wurden auch die Adventskalender zum waschechten Massenartikel. Auch in diesen Kalender waren romantische und verschneite Winterszenen noch die häufigste Bildwelt. Die „modernste“ Form des Bildkalenders, die mit biblischen Szenen hinter 24 Türen geht auf einen evangelischen Geistlichen zurück, der sich an historischen Kalendern inspirieren lies und dieses Format neu aufsetzte.

Der erste „Schokoladenkalender“ wurde Anno 1958 im Handel platziert und ist seitdem ein absoluter Verkaufsschlager.
 

Adventskalender zum Erleben

Wer nicht nur naschen, sondern auch erleben möchte, dem seien verschiedene „lebendige“ Adventskalender ans Weihnachtsherz gelegt.
 
  • Tönniger Weihnachtsereignis: In der nordfriesischen Stadt Tönning gibt es den „längsten Weihnachtskalender der Welt“ zu entdecken. Das ehemalige Packhaus der Stadt wird mit seinen beinahe 78 Metern zum überdimensionalen Adventskalender.
  • In der Leipziger Böttchergasse findet sich der weltgrößte freistehende Adventskalender mit 857 Quadratmetern. Die Kalendertüren mit einer Abmessung von drei auf zwei Metern werden täglich geöffnet.
  • Das Rathaus der Stadt Augsburg bietet den Besuchern des örtlichen Christkindlmarktes einen Adventskalender in den Fenstern des stätischen Gebäudes. Ein echter Weihnachtsfan kommt hierbei in jeder Dimension auf seine Kosten: Tage zählen, Glühweintrinken und sich an den „Augschburger Schupfnudeln“ erfreuen!